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Es ist erwiesen: Videospiele trainieren das Gehirn

Einst besorgten Eltern ein Dorn im Auge, wandelt sich der Ruf von Video- und Computerspielen gerade drastisch. Vermutete man lange, dass Gaming verdummt, die Kinder zu inaktiven Stubenhockern macht und möglicherweise sogar Aggressionen und gewalttätiges Verhalten fördert, sind diese These mittlerweile nicht nur klar widerlegt. Inzwischen sind sich Forscher sogar bewusst, dass die elektronischen Spiele verschiedene Bereiche des Gehirns entwickeln, gegen Depressionen helfen und sogar Demenz vorbeugen können. Doch welche Spiele wirken sich wie auf die Hirnzellen auf, welche eignen sich besonders für ältere Generationen und wie profitiert auch das Gemüt vom Gaming?

Zahlreiche unabhängige Studien zeigen einen deutlichen Trend, weg von der Verteufelung von Videospielen und hin zur Untersuchung ihrer vorteilhaften Effekte. Gerade Eltern, die befürchteten, dass die neurologische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen durch andauerndes Gaming negativ beeinträchtigt werden, motorische Fähigkeiten unterentwickelt bleiben und soziale Fähigkeiten abstumpfen, die Kids möglicherweise sogar vereinsamen und depressiv werden, können beruhigt aufatmen, denn erwiesenermaßen ist das Gegenteil der Fall.

Die Forschungsergebnisse sind dabei ebenso zahlreich wie eindeutig. Ein Experiment von Neuropsychologen an der Universität Bochum ergab beispielsweise, das Menschen, die regelmäßig zocken, bei bestimmten Lernaufgaben besser abschneiden als Menschen, die nur gelegentlich spielen. Zwei Testgruppen wurden auf Wahrscheinlichkeitsvorhersagen geprüft, wobei die Gruppe derer, die mehr als 15 Stunden pro Woche actionreiche Videogames spielten, deutlich besser abschnitt als die Gruppe von Spielern, die „ab und zu“ spielen. Sabrina Schenk, die Erstautorin der Studie, resümierte, dass Videospieler besser darin seien „Situationen schnell zu erfassen, neues Wissen zu generieren und Wissen zu kategorisieren.“ Gemessen wurde dabei die Hirnaktivität per Magnetresonanztomographie (MRT), wobei die Forscher zu der Annahme gelangten, dass das Spielen den Hippocampus trainiert: Bereiche des Gehirns, die für Lernen und Gedächtnis verantwortlich sind, zeigten bei den häufig spielenden Probanden größere Aktivität.

Neurowissenschaftler an der Universitat Oberta de Catalunya (UOC) in Barcelona hingegen ermittelten, dass diese positiven Effekte aufs Gehirn tatsächlich dauerhaft sind. Innerhalb dieses Experiments spielten Erwachsene „Super Mario 64“ – ein Spiel, für das man sich entscheid, da bereits in einer Studie von 2013 nachgewiesen wurde, dass es die Bildung grauer Substanz unterstützt. Die Probanden spielten zehn Tage lang für jeweils 90 Minuten, davor und danach mussten sie Denkaufgaben lösen. Nach einer 15-tägigen Pause wurde dann nochmals gespielt. Festgestellt wurde hierbei mithilfe transkranieller Magnetsimulation (TMS), dass die Kombination aus Hirnstimulation und Videospielen tatsächlich die kognitiven Fähigkeiten der Studienteilnehmer verbesserte und ihr Denkvermögen ausbaute. Erstaunlich war dabei jedoch eine Variable: wie viel die Spieler in der Vergangenheit gespielt hatten. Menschen, die bereits vor der Pubertät häufig Videospiele spielten, hatten ein besseres Arbeitsgedächtnis als diejenigen, die dies nicht taten, selbst wenn sie längere Zeit nicht gespielt hatten.

Die Neurowissenschaftler Joana Stäb und Uwe Ilg des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen wiesen einen dritten positiven Effekt von Videospielen nach: Games können den Zahlensinn trainieren, das heißt, Gamer sind besser in der Lage Zahlenmengen ohne Zählen einzuschätzen. Mehr noch, je häufiger die Spieler in der Woche zockten, desto mehr verfeinerte sich ihre numerische Wahrnehmung.

Auf Seite der Kritiker wird häufig betont, dass Spiele abhängig machen können. Nicht nur Video- sondern insbesondere auch Glückspiele müssen sich diesen Vorwurf oft gefallen lassen, immerhin ist hier die Sucht zudem mit finanziellen Risiken verbunden. Wer zu seinem Glückspiel Start Poker wählt, da es leicht zu lernen ist, mag wissen, wie sehr das Spiel fesseln kann, zumal es auch strategisch und psychologisch anspruchsvoll ist. Selbst wenn Casino- wie auch Videospiele durchaus Suchtpotenzial besitzen, weisen Psychologen darauf hin, dass man in vielen Fällen eher von exzessivem Spielverhalten statt pathologischer Sucht sprechen sollte. Problematisch ist auch die Diagnose, gerade bei Jugendlichen im Bereich Videogaming, wo viele Verhaltensmuster häufig eher mit der Pubertät als mit ihrem Spieleverhalten zu tun haben. Gerade in diesem Alter können Videospiele dementsprechend positive Wirkungen auf den Gemütszustand haben, wie die Psychologen weiter betonen – wie das Empfinden von Anforderung statt Überforderung, Macht statt Ohnmacht, Fairness statt Gewalt und Entspannung statt Frust.

Ähnliches gilt in allen Altersgruppen, und sogar in Seniorenheimen werden mittlerweile oft Videospiele angeboten, sowohl zur sozialen Unterhaltung wie auch zum Denksport. Denn wer sein Gehirn regelmäßig spielerisch trainiert, kann verschiedenen neurologischen Alterserscheinungen entgegenwirken. Die grauen Zellen verhalten sich dabei ähnlich wie Muskeln, die ihre Kraft erhalten, solange sie trainiert werden. Das Hamburger Unternehmen RetroBrain spezialisiert sich beispielsweise auf das Herstellen von Videospielkonsolen für den ambulanten Pflegebereich: Unter dem Namen Memorebox hilft die Box, angeschlossen an Fernsehgeräte in Alters- und Pflegeheimen, den Senioren und Seniorinnen dabei geistig wie auch körperlich fit zu bleiben: Kegeln vom Rollstuhl aus ist dabei ebenso möglich wie das virtuelle Motorradfahren auf der Autobahn oder das spielerische Ausführen von Briefträgertätigkeiten. Mehr als 200 Pflegeeinrichtungen in Deutschland besitzen bereits eine Memorebox und sehen die positiven Wirkungen, denn immerhin kann man auch im Alter noch neue Hirnmasse bilden, wie die Forschung weiß.

Spielen hat dabei eine Vielzahl von Vorteilen: zum einen macht es Spaß, so dass sich der „Denksport“ nicht lästig oder unangenehm anfühlt. Und wer sein Gehirn in einem Bereich trainiert, profitiert auch in anderen, denn durch wiederholtes Ausüben bildet es neue Brücken und Synapsen – die Problemlösekraft insgesamt kann auf diese Weise verbessert werden, was die Neurologie als Transfereffekte bezeichnet.

Welche Spiele eignen sich nun besonders zum Verbessern der kognitiven Fähigkeiten? Die meisten Spiele werden plattformübergreifend angeboten, und sind somit oft für Konsolen, PC wie auch mobil im Google Play Store und Apple App Store verfügbar. Dr. Kawashimas Gehirntraining mit Minispielen aus Bereichen wie Mathematik, Sudoku oder Klavierspielen ist auf Nintendo-Geräten wie der Nintendo Switch erhältlich. Angesagt auf der Switch sind auch die beiden Puzzle-Spiele Captain Toad: Treasure Tracker und Gorogoa, wie auch die inzwischen legendäre Abenteuerspielreihe Legends of Zelda mit ihren verschiedenen Titeln. Auf dem PC wird derzeit vor allem auf der Plattform Steam gespielt, und auch hier gibt es ein großes Angebot an Games für den Denksport – wie beispielsweise Brain Games, eine Sammlung klassischer Spiele wie Backgammon und Mühle, sowie Kreuzworträtsel, Mahjong, Irrgärten und Puzzlespiele.

Tetris ist wohl eines der bekanntesten Geschicklichkeitsspiele, inzwischen auf über 65 Plattformen verfügbar und damit Weltrekordhalter der Games in Sachen Verbreitung. Zunächst für Nintendo entwickelt, kann es heute auf dem PC, in mobilen Apps wie auch auf Playstation und Xbox gespielt werden. Auch Candy-Crush ist weltweit bekannt sowie bei allen Altersgruppen beliebt und kann auf dem PC, Mac wie auch auf Android und mobilen Apple-Geräten gespielt werden.

Sony brachte mit der PS5 seine neueste Konsole auf den Markt, und damit auch tolle neue „Brain Games“. Zu den beliebtesten gehörten 201 Puzzle-Spieletitel wie Macquette, die Tetris-Variante Puyo Puyo Tetris 2, Bridge Constructor: Walking Dead und Sparkle Unleashed.

Super Mario ist und bleibt ein populärer Klassiker unter den Geschicklichkeitsspielen, der erwiesenermaßen das Gehirn lange und nachhaltig trainiert: gestärkt wird dabei der Orientierungssinn, die Konzentrationsfähigkeit wie auch das Kurzzeitgedächtnis – und ist damit ein Spielespaß, an dem auch viele Senioren Gefallen finden. Die Website Konsolen-Senioren, die sich allerdings an Gamer „über 30 Jahren“ richtet, ermittelte in seinem Forum die beliebtesten Spieleentwickler der älteren Generation. Dazu gehören Hersteller wir Ubisoft (mit Titel wie Assassin’s Creed und Watchdog) wie auch Rockstar Games (mit bekannten Titeln wie Grand Theft Auto und Red Dead Redemption) und Bethesda (mit Titeln wie Elder Scrolls und Fallout). Auch wenn diese Spiele nicht in erster Linie Denkspiele sind, können sie sich dennoch positiv auf das Gehirn auswirken, die Feinmotorik trainieren und Konzentrationskraft fördern.

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